"Auch bei der Festung Lille, welche
sich als ein großes verschanztes Lager darstellt, hat man ein vorgeschobenes,
allerdings weniger wichtiges Werk, Nr. 137 genannt Cautelau, aufgegeben, die
übrigen Werke aber sämmtlich beibehalten. Im Norden der Stadt befinden sich die
Forts Vert-Galant und Bondu. Das Erstere schützt den Canal der unteren Deule,
die Eisenbahnen und großen Straßen nach Ypres und Brügge auf belgischer Seite,
sowie nach Armentieres, Hazebrouck, Saint-Omer, Clais und ein wenig mehr
nördlich nach Gravelines und Dünkirchen.
Das zweite Werk, das Fort Bondu, beschützt die Umgebung im Norden von Lille, die
Eisenbahn nach Courtrai, den Canal von Lille nach der Schelde, sowie einen Theil
des Canals der unteren Deule und die großen Straßen nach Brügge und Gand.
Das Fort Mons-en-Bareul sichert den Osten von Lille, die Eisenbahn nach Tournai
auf belgischem Gebiet, sowie die dorthin führende große Straße. Zwischen diesem
und dem Fort Sainghin im Südwesten der Stadt befindet sich die Batterie
Camp-Francais, welche die beiden Forts verbindet. Das Fort Sainghin schützt
ebenfalls die Bahn nach Tournai, sowie die nach Valenciennes und die nach diesem
Ort führende Straße. Das im Süden der Stadt gelegene Fort Seclin sichert die von
Douai und Arras einmündenden Eisenbahnen und Landstraßen.
Zwischen diesem Fort und der Stadt liegen verschiedene Batterien: Die Batterie
Hautbourdin, welche die Eisenbahn nach Lens deckt, sodann die beiden Batterien
Arbrisseau und Lesquin, welche zwischen den beiden nach Süden abgehenden
Eisenbahnen liegen und diese sichern."
Quelle: General Cosseron de Billenoisy „Die Befestigungen Frankreichs“ 1890
Das Portal zur Zitadelle |
Blick auf eine Bastion |
Batterie du Camp Francais |
Fort de Sainghin |
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Fort d'Englos |
Fort du Vert Galant |
Ouvrage de Wambrechies |
Ouvrage de Haut Vinage |
Ouvrage de Babylone |
Ouvrage de Marchenelles |
Ouvrage de la Croix Vallers |
Ouvrage de la Jonchére |
Ouvrage d'Enchemont |
Ouvrage de Vendeville |
Ouvrage de Noyelles |
Ouvrage de Houplin |
Ouvrage de Moulin Neuf |
"Unabhängig von den Aufgaben der Région fortifiée du Nord sollen die Befestigungsanlagen von Lille noch einen unmittelbaren Schutz bilden für die in der großen Industriestadt befindlichen Vorräte und reichen Hilfsmittel für die Kriegsführung. Die Festung liegt in einer allgemeinen ebenen Gegend, die infolge ihrer geringen Höhenlage, namentlich im Westen und Nordwesten, feucht und Überschwemmungen ausgesetzt ist. Das Gelände ist außer der freieren Süd- und allenfalls auch Westfront reich bedeckt und sehr unübersichtlich. Durch die rasch zunehmende Vergrößerung der Vororte, das außerordentliche Anwachsen der reichen Industriestädte Roubaix und Tourcoing ist vor allem die Nordostfront so stark bebaut, daß ihre Verteidigungsfähigkeit in Frage gestellt ist.
Die gewaltige Entwicklung des Verkehrsnetzes, sowie der Industrie, auch außerhalb des Fortgürtels der Festung und ihres Wirkungsbereichs, die geringe Verteidigungsfähigkeit ihrer Nordostfront haben die Bedeutung der Festung sowohl als Sperrbefestigung wie als unmittelbarer Schutz eines wirtschaftlich wichtigen Platzes mehr oder minder hinfällig gemacht. Die Frage der Entfestigung steht daher seit längerer Zeit zur Verhandlung, sie war 1912 beantragt, ist aber einstweilen zurückgestellt worden.
Die Befestigungsanlagen bestehen aus einem geschlossenen Fortgürtel, eines 2. Verteidigungslinie auf der Ostfront und einer Stadtumwallung. Vorgeschobene Stellungen sind nicht vorbereitet. Hauptkampfstellung ist der Fortgürtel; auf etwa 6 km vorgeschoben, hat er 50 km Umfang. Zu ihm gehören 5 Forts, 13 Zwischenwerke, 1 geschlossene Batterie; das Zwischengelände ist nicht ausgebaut.
Die Befestigungsanlagen der einzelnen Fronten sind etwa gleich stark. Die Forts und die Batterien sind sämtlich veralteter Bauart und nicht verstärkt. Im Fort de Bondues (N) befindet sich ein Hartgußpanzerturm für 2 lg. 155 mm Kanonen. Die 1890-1864 erbauten Zwischenwerke haben tiefe, aber unbekleidete Gräben, die aus äußeren Grabenwehren bestrichen werden. Kasernen fehlen; nur kleine Beton-Untertreteräume mit etwa 1 m starken Betondecken für 1-2 Züge Infanterie sind vorhanden. Einige Werke haben in der Feuerlinie 2 kleine Infanteriewachttürme. Die Werke 2. Linie auf der Ostfront, 1 Fort, 1 Batterie, sind ebenfalls veraltet.
Die Stadtumwallung, deren teilweiser Abbruch stattgefunden hat, ist gänzlich veraltet. Das dichte, stets zunehmende Industrie- und Straßenbahnnetz in Stadt und Vorgelände läßt sich mit Vorteil für die Verteidigung ausnutzen. Ein Flugplatz ist im Südosten der Stadt geschaffen worden.
Geschützausrüstung etwa 300 Kampfgeschütze. Kriegsbesatzung schätzungsweise 20000-25000 Mann."
Quelle: Großer Generalstab 4. Abteilung "Die französischen Befestigungen gegen Deutschland und die Grundzüge ihrer Verteidigung" Nr. 492 Geheim 1913
Letzter Stand: 19.03.2018