Mimoyecques

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Der Pas de Calais birgt aufgrund seiner unmittelbaren Nähe zur englischen Insel eine Reihe bemerkenswerter Bauten. Eine dieser Bauten ist die Stollenanlage Mimoyecques, die ab September 1943 für das Mehrkammergeschütz „Hochdruckpumpe“ gebaut wurde. Bei diesem Geschütz sollte das Geschoß durch an das Geschützrohr angeflanschte Treibkammern eine permanente Beschleunigung erfahren, so daß es möglich war, aus einer festen Stellung London „preiswert“ zu beschießen. Das Projekt besaß hohe Priorität, da 1943 eine Frontreife der V1 und V2 noch nicht abzusehen war.

Die Bauarbeiten begannen mit einem Vortrieb eines Eisenbahntunnels, über den man nun alles Material direkt hinein und den Abraum heraus befördern konnte. Die weiteren Stollen und Schächte wurden im wesentlichen durch Zwangsarbeiter und Häftlinge in den Kreidefelsen vorgetrieben. Allerdings übernahmen die wichtigsten Aufgaben 450 Bergleute aus dem Ruhrgebiet. Insgesamt 5000 Menschen waren auf dieser Großbaustelle beschäftigt.

Für die Abschußrohre errichtete man fünf schräge Schächte mit einer Neigung von 50 Grad. In jedem dieser Schächte sollten jeweils fünf Abschußrohre mit einer Gesamtlänge von 127 Meter eingebaut werden. Durch die Länge der Rohre, der kettenförmigen Beschleunigung der Geschoße durch angeflanschte Treibkammern, sollten die Geschoße eine Mündungsgeschwindigkeit von 1500 m/s erreichen.

Über den oberen Stollen befanden sich 30 m Kreidefels, was als bombensicher erachtet wurde. Der Abraum der weißen Kreide wurde noch Untertage grün eingefärbt, um ihn vor der englischen Luftaufklärung besser tarnen zu können. Dennoch blieb das Vorhaben den Alliierten nicht verborgen. Bereits im November 1943 wurde das Projekt aus der Luft erkannt und, nach weiteren Erkenntnissen der englischen Abwehr über seine Bedeutung, aus der Luft bombardiert. Die zunächst mit konventionellen Bomben ausgeführten Angriffe richteten wenig Schaden an. Dies änderte sich am 6. Juli 1944, als drei 5.390 kg schwere Tallboy-Bomben an einigen Stellen die Kreidedecken durchschlagen konnten. Zahlreiche Schächte und Tunnel wurden verschüttet und zeigten der Wehrmacht, dass die Anlage nun nicht mehr als bombensicher gelten konnte. Der militärische Leiter der Großbaustelle, Oberstleutnant Honig, teilte am 11. Juli 1944 dem OKW mit: "Eine Weiterführung der Bauarbeiten für den gedachten Zweck wird unter diesen Umständen für zwecklos gehalten." Ende August 1944 musste das Projekt aufgegeben werden, vor allem, weil die erfolgreich vorrückenden Alliierten nach der Landung in der Normandie die Anlage bedrohten.

Am 11. September nahmen kanadische Truppen die Anlage ein. Die Anlage Mimoyecques wurde daraufhin intensiv von den Kanadiern untersucht. Da alle Originalunterlagen der Wehrmacht verschwunden sind, bietet einzig der Bericht von Colonel Sanders die Informationen über die Anlage.

Am 9. und 14. Mai sprengten die Briten die Anlage mittels 35 Tonnen TNT. Jedoch konnten die Sprengungen eine vollständige Vernichtung nicht bewirken. Im wesentlichen zerstörte man damit nur die Tunneleingänge. Heute ist die Anlage wieder zugänglich und zu einem Museum ausgebaut.

Stollenzugang

Werkbahnhof mit Eisenbahnschienen

Hauptstollen

Durch Bombenangriff zerstörter Schacht

Querstollen unbetoniert

Querstollen betoniert

Abschußschacht mit "Hochdruckpumpe"

Unfertiger Schacht

Querstollen mit Abraumloren

Hauptstollen mit ehemaligen Generatoren

Maschinenstollen

Britische Luftaufnahme nach Bombardierung

Letzter Stand: 07.11.2016