Eperlecques

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Ein interessanter Bunkerkomplex befindet sich im Foret d'Eperlecques ungefähr fünf Kilometer der Ortschaft Watten an der Straße Calais – St. Omer. Ab dem Jahr 1943 baute die Wehrmacht auf Befehl Hitlers vom 22.12.1942 diesen Bunker zur Abfeuerung der Raketenwaffe V2. Nachdem ein Erkundungsstab den Wald von Eperlecques ausgewählt hatte, begannen Bauexperten der Erprobungsstelle Peenemünde mit der Organisation Todt Pläne des Bunkers zu erstellen. Das Projekt bekam die Tarnbezeichnung Kraftwerk Nordwest. Ausschlaggebend für den Wald von Eperlecques war die günstige Infrastruktur, die eine bequeme Lösung aller logistischen Erfordernisse bot. Zum einen war die Nähe der Bahnverbindungen nach Calais, der schiffbare Kanal und die gute Versorgung mit Elektrizität von großer Bedeutung. Zum anderen lag der Punkt außerhalb der Reichweite britischer Marinegeschütze, die den Bau bedroht hätten.

Der Bunker selbst hatte verschiedene Aufgaben zu erfüllen. Zum einen sollte die Anlieferung der V2-Raketenteile per Bahn erfolgen und geschützt entladen werden können. Im Inneren sollte in einer Taktstraße die Endmontage der vorgefertigten Raketenteile erfolgen. Zum anderen sollte hier mittels vier Hochleistungsverdichter flüssiger Sauerstoff erzeugt und damit die V2 betankt werden. Jeder Hochleistungsverdichter konnte pro Stunde 540 kg flüssigen Sauerstoff nach dem Linde-Verfahren produzieren. Von zwei Startstellen sollte anschließend der Abschuß Richtung England erfolgen. Für den Bau des Bunkers waren 120.000 qbm Beton veranschlagt. Der Fertigstellungstermin für den Bunkerkomplex war für Ende Oktober 1943 vorgesehen. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen setzte man insgesamt 35.000 französische, belgische und holländische Zwangsarbeiter ein, die in und um das Projekt mit seinem Aufbau beschäftigt waren. Es gab aber auch zahlreiche russische Kriegsgefangene. Es wurde in 12 Stundenschichten gearbeitet. Beton, Zuschlagsstoffe, Stahl und Schalhölzer wurden von einem Umschlagsplatz nahe Watten per Feldbahn herantransportiert und sofort verarbeitet. Moderne Betonpumpen erlaubten, dass der Beton direkt von den Mischern zu jedem beliebigen Punkten gepumpt werden konnte. Gleichzeitig wurde die 12 km lange Gleisanlage vom Bunker zur Bahnlinie Watten – Dünkirchen gebaut.

Lange Zeit konnte der wahre Zweck des Gebäude vor den Briten verborgen werden. Auch aus der Bevölkerung und dem französischen Widerstand kamen keine brauchbaren Meldungen. Alles schien auf ein verbunkertes Kraftwerk zu weisen. Nach dem am 17. 08. 1943 Peenemünde schwer bombardiert worden war, schenkten die Briten nun dem Projekt von Eperlecques mehr Aufmerksamkeit. Erste Luftaufnahmen von dem Bunker entstanden bereits am 16. Mai 1943. Die Vermutung lag nahe, dass der Bau etwas mit den Raketenwaffen von Peenemünde zu tun haben müsste. So erfolgte der erste Angriff auf die Baustelle am 27.08.1943 durch 187 B-17 Bomber der Amerikaner. Der Angriff traf besonders den nördlichen Bereich der Baustelle, in dem gerade große Menge Beton vergossen waren. Diese flossen nun aus den zerstörten Schalungen heraus und erhärteten unkontrolliert. Zu Beginn des ersten Angriffs war bereits ein Drittel der Anlage fertiggestellt. Bis zum 30.09.1943 griffen die Alliierten vier weitere Male die Baustelle an. Zu diesem Zeitpunkt rechnete die Organisation Todt angesichts der Zerstörungen nicht mehr an eine Fertigstellung des Komplexes. Jedoch kam der Ingenieur Werner Flos auf die Idee, zuerst das schützende Betondach zu bauen und stückweise hydraulisch anzuheben, um unter seinem Schutz die anderen Ausbauten vornehmen zu können. Dies wurde sofort umgesetzt und unter dem Schutz des 5 Meter starken Stahlbetondaches konnten die Arbeiten zunächst weitergehen.

Am 19. Juni 1944 griffen die Briten erstmals Eperlecques mit den 12 t schweren „Tallboy“-Bomben an. Insgesamt wurde der Bunker mit 32 Tallboy’s angegriffen, wovon jedoch nur zwei direkte Treffer erzielt werden konnten. Der Beton konnte zwar nicht durchschlagen werden, jedoch richteten die Erschütterungen an dem Bunkerkomplex schwere Schäden an. An einen Weiterbau war nicht mehr zu denken, so dass am 18. Juli 1944 der völlige Baustop für das Vorhaben kam. Am 6. September 1944 eroberten es kanadische Truppen. Heute ist der Bunker museal hergerichtet und kann ganzjährig besichtigt werden.

Der Bunker

Zerstörungen

Panorama der Zerstörungen

Anlieferung

Anlieferung

Zerstörungen

Deckendurchschlag

Zerstörungen

Kompressorenhalle

Reste der Kompressoren

Nordbereich

Bombentreffer

Alliiertes Luftbild

Alliiertes Luftbild nach Bombardierung

Letzter Stand: 07.11.2016