Im Reichsgesetzblatt vom 21.12.1871 wurde die
Öffentlichkeit über den Bau verschiedener Festungen unterrichtet, u.a. auch vom
Bau des Fort Rüstersiel. Das Fort wurde in den Jahren 1876 – 1880 errichtet und
bekam den Namen Fort I. Zusammen mit den Forts Schaar (Fort II) und Mariensiel
(Fort III) bildeten sie die erste Verteidigungslinie der Landfront. Fort
Rüstersiel wurde aus Klinkersteinen gebaut und besaß einen umlaufenden
Wassergraben. Dieser war 2,50 Meter tief und 60 Meter breit. Es hat die Form
eines Vierecks, dessen Front vorne mit zwei Bastionen versehen ist und dessen
Kehle einen vieleckigen Umriss hat. An den Schultern der Bastionen schützen zwei
Grabenstreichen die Flanken und ein Kehlblockhaus die Kehle. Die Stärke des
Walls betrug an den Flanken und der Front acht Meter. Auf den Wällen befand sich
zwischen elf Hohltraversen die Artillerie. In den Hohltraversen waren
Munitionsaufzüge vorhanden. Die Bewaffnung bestand aus zwei 15cm-Kanonen, zehn
15cm-Ringkanonen und elf 12cm-Kanonen. Im linken Flügel des Forts befand sich
ein Pulvermagazin. Die Kaserne verfügte über 26 Kasematten für die Unterbringung
der Besatzung. Fort Rüstersiel war den anderen Forts mit einer Eisenbahnlinie
mit Normalspur verbunden und mit der Marinewerft mit einer Schmalspurbahn. Die
Normalspurbahn führte bis zum großen Munitionslager in Mariensiel. Rüstersiel
war mit Telefon an das Festungsnetzwerk abgeschlossen.
Mit der Entwicklung der Artillerie und der Nutzung von Brisanzgranaten war Fort
Rüstersiel schnell veraltet und erlitt das Schicksal vieler europäischer
Festungen. Aufgrund der Lage wurde Fort Rüstersiel nicht modernisiert und mit
Beton verstärkt. Die erste Verteidigungslinie der Landfront wurde nun durch die
betonierten Infanteriewerke gebildet. Fort Rüstersiel diente dann bis zum Ende
des 1. Weltkriegs nur noch als Depot und Lager. Die Bewaffnung war bereits mit
Beginn des 1. Weltkrieges entfernt worden. Zum Ende des 1. Weltkrieges wurde auf
dem Wall der rechten Bastion eine Batterie mit vier 8,8cm Flak-Geschützen
aufgebaut (in der Karte rot markiert). Die Geschütze standen jedoch ohne jeglichen Splitterschutz auf
einfachen Betonplattformen. Für die alliierte Entfestigungskommission stellte
Fort Rüstersiel 1925 keine Gefahr mehr dar. Sogar die Flak-Bewaffnung durfte
stehen bleiben.
Nach dem 2. Weltkrieg
sprengten die Briten 1948 alle militärisch nutzbaren Einrichtungen.
Nur wenige Gebäude und Lagerhallen überlebten die sinnlose Tat. Seit 1966 nutzt
das Institut für Vogelforschung das Gelände. Hierfür wurden alte Gebäude genutzt
und neue für die Forschung erbaut. Der Rest des Geländes ist vollkommen sich
selbst überlassen, um ein tiefes Dickicht zu schaffen, in dem sich die
verschiedenen heimischen Vogelarten ungestört ansiedeln können. Daneben sind die
gesprengten Kasematten für die Überwinterung der Teichfledermaus hergerichtet.
In den Kasematten überwintern jedes Jahr über 800 Teichfledermäuse. Das Gelände steht unter
Naturschutz. Eine Ausstellung zum Thema
Vogelschutz kann Dienstags von 08.00-13.00 und Donnerstags von 13.00 bis 17.00
besichtigt werden.
Karte von Fort Rüstersiel (Standort Flak-Batterie rot eingezeichnet) Quelle: UN Archiv Genf COL70-49-2 |
Querschnitt von Fort Rüstersiel Quelle: UN Archiv Genf COL70-49-2 |
Der Wassergraben |
Der Eingang zum Fortgelände |
Die ehemalige Wache aus den 1930er Jahren |
Reste des Walls und einer Hohltraverse |
Trümmer |
Der Wall |
Reste einer Hohltraverse |
Unbekannte Nische |
Schienenreste der Munitionsbahn |
Trümmer |
Lagerschuppen |
Lagerschuppen |
Lagerschuppen |
Wandinschrift |
Reste der linken Schultergrabenwehr |
Trümmer der linken Schultergrabenwehr |
Treppenhaus der gesprengten Kasematten |
Fragmente der Wendeltreppe |
15cm Kanone auf Festungslafette Quelle: Biblioteca virtual Defensa F.08646 |
12cm Kanone auf Festungslafette Quelle: Biblioteca virtual Defensa F.08644 |
Deutsche 8,8cm Flak-Kanone 16 des 1. Weltkrieges auf Transportlafette Quelle: Bibliothèque de Documentation Internationale Contemporaine VAL_415_125 |
Deutsche 8,8cm Flak-Kanone 16 des 1. Weltkrieges auf Transportlafette Quelle: Bibliothèque de Documentation Internationale Contemporaine VAL_415_125 |
Letzter Stand: 11.10.2024